Cuxhavaner Nachrichten
Tekst: Ilse Cordes
GEMISCH AUS FRATZENHAFTER ÜBERZEICHNUNG UND GRAZIE
Das „Nieuw Symbolistisch Theater” zu Gast im Stadttheater
Ihre übergroßen, unförmigen Pappmache-Köpfe stehen in seltsamem, ja groteskem Gegensatz zu ihren grazilen, sich mit tänzerischer Leichtigkeit bewegenden Körpern. Was sie ihrem Publikum bieten, ist Maskentheater und dennoch nicht bloßes Maskentheater, ist Pantomime und doch wieder nicht Pantomime, ist Show und doch wieder nicht Show. Einzig „roter Faden” Ist die Ironie.
Sie bemächtigt sich all der Darstellungsformen des bildungsbürgerlichen Opern- und Operetten-Gehabes, der einstmals so gefragten Theatralik und des Pathos einer vergangenen Zeit. Der dekorative Kitsch der dennoch sparsamen Bühnenausstattung ist ebenso gewollt wie die übertriebenen Kostüme und die überdeuttichen erotischen Zeichen.
Die Rede ist vom „Het Nieuw Symboli¬stisch Theater” aus Amsterdam und damit eigentlich von zwei Tänzern und Choreographen aus Jugoslawien – nämlich von Iva Kostovich und Petar Mandich. Denn die beiden heute in Amsterdam lebenden Künstler sind das „Nieuw Symbolistisch Theater”. Mit ihrem Doppelprogramm „Le Triomphe de la Fidelite” und „Madame Leopoldine’s Memoires” gastierten Iva Kostovich und Petar Mandich am Dienstagabend auf Einladung der städtischen Volkshochschule im Stadttheater Cuxhaven.
Daß der Besuch an diesem Abend verglichen mit ähnlichen kulturellen Sonderveranstaltungen der VHS nur dünn war, ist bedauerlich, hat möglicherweise aber auch mit Veranstaltungs-Konkurrenz im nahen Bremerhaven zu tun, wo Marius Müller-Westernhagen auftrat. Doch ganz abgesehen davon, ist auch die Hoch-Zeit der vielgesichtigen sogenannten alternativen Theatergruppen mittlerweile längst überschritten. Zudem hat in der laufenden Spielzeit das Bespielungstheater am Ort ebenfalls einiges „Alternatives” zum sonstigen konventionellen Angebot im Spielplan, so daß die Nachfrage derzeit möglicherweise so groß gar nicht ist.
So bilderreich und scheinbar einfach konsumierbar das „Nieuw Symbolistisch Theater” der beiden jugoslawischen Tänzer und Pantomimen auch zu sein vorgibt, so sehr tritt es doch mit einem ganz bestimmten Anspruch vor sein Publikum. Die fragmentarische, bewußt ironische Verwendung der Musik einer gutbürgerlichen Zeit setzt voraus, daß der Theaterbesucher diese Musik und ihren Zusammenhang auch kennt. In einer Mischung aus Farce, Parodie, Tanztheater und Grotesk-Show suchen die beiden Tänzer und Akteure eine neue Theaterform – ein seltsames Gemisch aus fratzenhafter Überzeichnung und graziler Bewegung.
Zu den gelungenen Szenen dieses so ganz anderen Theaters gehören die parodistisch-groteske Interpretation von Tschaikowskys „Schwanensee”-Ballett, einem wahren Heiligtum bürgerlicher Kultur, wie die „Salome”-Kolportage. Hier endet alles in unerwarteten „Plots”. Doch dauert es so seine Zeit, bis es zu eben diesem Punkt kommt – dem Publikum wird streckenweise schon einiges an Geduld abverlangt.
Der „schwarze Humor” in „Madame Leopoldine’s Memoires” hat ebenfalls so seine Längen. Und die gespannte Aufmerksamkeit des Publikums kann schon mal ganz und gar dahinschwinden, wenn letztlich auch in den Bewegungsabläufen nichts Neues mehr auftaucht. Daß der mit Redefetzen einer menschlichen Stimme durchsetzte Klangteppich dabei den schlichtweg an den Nerven zerrenden Part übernimmt, das allerdings ist durchaus Absicht.
Wie sehr das „Nieuw Symbolistisch Theater” beim überwiegend jungen Publikum „angekommen” ist, machte der starke Beifall am Schluß deutlich.
Ilse Cordes
Cuxhavaner Nachrichten
Tekst: Ilse Cordes
GEMISCH AUS FRATZENHAFTER ÜBERZEICHNUNG UND GRAZIE
Das „Nieuw Symbolistisch Theater” zu Gast im Stadttheater
Ihre übergroßen, unförmigen Pappmache-Köpfe stehen in seltsamem, ja groteskem Gegensatz zu ihren grazilen, sich mit tänzerischer Leichtigkeit bewegenden Körpern. Was sie ihrem Publikum bieten, ist Maskentheater und dennoch nicht bloßes Maskentheater, ist Pantomime und doch wieder nicht Pantomime, ist Show und doch wieder nicht Show. Einzig „roter Faden” Ist die Ironie.
Sie bemächtigt sich all der Darstellungsformen des bildungsbürgerlichen Opern- und Operetten-Gehabes, der einstmals so gefragten Theatralik und des Pathos einer vergangenen Zeit. Der dekorative Kitsch der dennoch sparsamen Bühnenausstattung ist ebenso gewollt wie die übertriebenen Kostüme und die überdeuttichen erotischen Zeichen.
Die Rede ist vom „Het Nieuw Symboli¬stisch Theater” aus Amsterdam und damit eigentlich von zwei Tänzern und Choreographen aus Jugoslawien – nämlich von Iva Kostovich und Petar Mandich. Denn die beiden heute in Amsterdam lebenden Künstler sind das „Nieuw Symbolistisch Theater”. Mit ihrem Doppelprogramm „Le Triomphe de la Fidelite” und „Madame Leopoldine’s Memoires” gastierten Iva Kostovich und Petar Mandich am Dienstagabend auf Einladung der städtischen Volkshochschule im Stadttheater Cuxhaven.
Daß der Besuch an diesem Abend verglichen mit ähnlichen kulturellen Sonderveranstaltungen der VHS nur dünn war, ist bedauerlich, hat möglicherweise aber auch mit Veranstaltungs-Konkurrenz im nahen Bremerhaven zu tun, wo Marius Müller-Westernhagen auftrat. Doch ganz abgesehen davon, ist auch die Hoch-Zeit der vielgesichtigen sogenannten alternativen Theatergruppen mittlerweile längst überschritten. Zudem hat in der laufenden Spielzeit das Bespielungstheater am Ort ebenfalls einiges „Alternatives” zum sonstigen konventionellen Angebot im Spielplan, so daß die Nachfrage derzeit möglicherweise so groß gar nicht ist.
So bilderreich und scheinbar einfach konsumierbar das „Nieuw Symbolistisch Theater” der beiden jugoslawischen Tänzer und Pantomimen auch zu sein vorgibt, so sehr tritt es doch mit einem ganz bestimmten Anspruch vor sein Publikum. Die fragmentarische, bewußt ironische Verwendung der Musik einer gutbürgerlichen Zeit setzt voraus, daß der Theaterbesucher diese Musik und ihren Zusammenhang auch kennt. In einer Mischung aus Farce, Parodie, Tanztheater und Grotesk-Show suchen die beiden Tänzer und Akteure eine neue Theaterform – ein seltsames Gemisch aus fratzenhafter Überzeichnung und graziler Bewegung.
Zu den gelungenen Szenen dieses so ganz anderen Theaters gehören die parodistisch-groteske Interpretation von Tschaikowskys „Schwanensee”-Ballett, einem wahren Heiligtum bürgerlicher Kultur, wie die „Salome”-Kolportage. Hier endet alles in unerwarteten „Plots”. Doch dauert es so seine Zeit, bis es zu eben diesem Punkt kommt – dem Publikum wird streckenweise schon einiges an Geduld abverlangt.
Der „schwarze Humor” in „Madame Leopoldine’s Memoires” hat ebenfalls so seine Längen. Und die gespannte Aufmerksamkeit des Publikums kann schon mal ganz und gar dahinschwinden, wenn letztlich auch in den Bewegungsabläufen nichts Neues mehr auftaucht. Daß der mit Redefetzen einer menschlichen Stimme durchsetzte Klangteppich dabei den schlichtweg an den Nerven zerrenden Part übernimmt, das allerdings ist durchaus Absicht.
Wie sehr das „Nieuw Symbolistisch Theater” beim überwiegend jungen Publikum „angekommen” ist, machte der starke Beifall am Schluß deutlich.
Ilse Cordes